2017 – SeHT Jubiläum 25 Jahre Münster

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Da steckt viel Herzblut drin!

Münster – Volles Haus beim Festakt in der Albert-Schweitzer-Schule. In der Aula wechselten sich Lob und Anerkennung für den Verein SeHT ab, der seit 25 Jahren Kinder und Jugendliche inklusiv stark macht. Von Maria MeikApplaus, Applaus für den Chor der Albert-Schweitzer-Schule, der eine große Gästeschar im Nu begeisterte. Mit dem Lied „Ich bin wie du.“ Und der Einleitung: „Jedes Kind ist anders, jedes Kind lernt anders. Jedes Kind hat seine eigene Geschichte.“ In der Aula der Schule wurde am Freitagnachmittag ein ganz besonderer Verein gefeiert, der dieser Stadt den Stempel umso lebenswerter aufdrückt.

SeHT ist längst in aller Munde und steht für Selbstständigkeits-Hilfe bei Teilleistungs-schwächen. 25 Jahre hat SeHT Großartiges geleistet, Kinder und Jugendliche individuell gefördert, ihre Persönlichkeit gestärkt, sie in Gruppen mit diversen Angeboten aufblühen lassen, hat sie begleitet beim Übergang von der Schule in den Beruf und ermöglicht auch seit Jahren mit Unterstützung ambulantes Wohnen für junge Erwachsene.

Lob und Anerkennung für SeHT waren Trumpf beim Festakt für den Verein mit Sitz an der Dechaneistraße – eine ganz und gar inklusive Adresse. „SeHT ist Kooperationspartner der Albert-Schweitzer-Schule mit 171 Schülerinnen und Schülern, die den Förderschwerpunkt Lernen hat“, erläuterte Rektorin Reinhild Fenker das Unterrichtskonzept der Schule, dem die Montessori-Pädagogik zugrunde liegt. Von Eltern wurde damals der Verein gegründet, deren Kinder die Albert-Schweitzer-Schule besuchten.

Ulrich Pieper vom Vorstand es Vereins moderierte den Nachmittag und dankte mit Blumen und Präsenten Elisabeth Leifheit (Geschäftsführerin pädagogischer Bereich) sowie dem Vereinsvor-sitzenden Dr. Wolfgang Duschek, der in seiner Rede an die Anfänge erinnerte, als die Kinder mit Beeinträchtigungen „zwischen den Stühlen saßen“ und Isolation zum Gesprächsthema beim Elternabend wurde.

Duschek dankte der „Frauenpower“ Elisabeth Leifheit und Mieke Pinke, die nach ihrem Amt als Vorsitzende in Münster für SeHT NRW im Einsatz ist. Ebenso den Ehrenamtlichen, die zusammen-gezählt „einen kleinen mittelständischen Betrieb ausmachen“. Die Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) sei gut. „Geld ist immer ein Thema. Wir sind auf Spenden angewiesen.

Bürgermeisterin Karin Reismann dankte dem Jubiläums-Verein dafür, „dass er Menschen und dessen Persönlichkeit in den Mittelpunkt stellt, Wege weist und dabei hilft, diese Wege zu gehen“.

„Sie leisten großartige Arbeit und sind mit ihrer Tätigkeit ein Segen“, lobte Landtagsabgeordneter Thomas Marquardt, der Glückwünsche aus Düsseldorf überbrachte und nach dem Lied der Kinder meinte: „Ich habe einen Ohrwurm im Kopf.“

Klaus Fröse, Vorsitzender vom Kreisverband Münster „Der Paritätische“, wusste noch genau, wer vor 25 Jahren Deutscher Meister war – der VfB Stuttgart. Er hob die hochengagierte Arbeit des Vereins für Menschen hervor, die sonst nicht im Fokus stehen „und die uns alle benötigen. Ohne Ausgrenzung“. Atemberaubend seien der Inklusionspreis für SeHT und die Kreativität von Ehrenamtlichen, Honorarkräften und Hauptamtlichen.

Mieke Pinke rief die vielen Projekte in Erinnerung, darunter „Herzschlag, Liebe und Beziehungen“. Besonders begeistert sei sie von der Theaterarbeit gewesen, die gezeigt habe, mit Schwächen stark zu sein und seine Fähigkeiten zu leben.

„Um sich willkommen und geschützt zu fühlen, bedarf es der Einbindung im sozialen Netz“, sagte Karl Gajewski, Vorsitzender SeHT-Bundesvereinigung. Er brachte Buntstifte in einem Etui mit. „Jeder ist Teil des Ganzen. Keiner darf fehlen. Dies ist bei den Stiften so und bei SeHT. Jeder wird gebraucht und die Farbe der Kontraste weithin sichtbar gemacht. Und jeder gibt, was er geben kann.“

aus der WN:

Zum 25-jährigen Bestehen des Vereins „SeHT Münster“ ziehen Elisabeth Leifheit (Geschäftsführerin pädagogischer Bereich) und Vereinsvorsitzender Dr. Wolfgang Duschek Zwischenbilanz und präsentieren vor der Geschäftsstelle an der Dechaneistraße ein abwechslungsreiches Programm. Foto: hö

Sie kümmern sich um Kinder mit Teilleistungsschwächen, die den Belastungen in der Schule oft nicht gerecht werden. Jetzt feiert der Verein SeHT sein 25-jähriges Jubiläum. – Von Karin Höller

Kindern, die dem Leistungsdruck in der Schule nicht gerecht werden, weil sie Lernschwierigkeiten oder Verhaltensauffälligkeiten haben, fällt es oft auch schwer, Freundschaften aufzubauen. Rückzug und Isolation sind die Folge, wenn Überforderung an der Tagesordnung ist. Dass viele Kinder mit kognitiven und sozialen Handicaps trotzdem Gemeinschaft und Bestätigung erleben und den Sprung von der Schule in den Beruf und in ein selbstständiges Erwachsenenleben bewältigen, dafür kämpft der Verein „SeHT Münster “ (Selbstständigkeitshilfe bei Teilleistungsschwächen ) seit nunmehr 25 Jahren. „Ob Handicap oder nicht – man kann trotzdem vielseitig begabt sein“, bringt es Geschäftsführerin Elisabeth Leifheit auf den Punkt.

Das spiegelt auch das Veranstaltungsprogramm im Jubiläumsjahr wider. Geboten wird u.a. eine Ausstellung mit Bildern, die in Malkursen des Vereins entstanden sind, Führungen in einfacher Sprache zur Skulpturen-Ausstellung und ein Theaterstück in Eigenregie.

Apropos Eigenregie: Vor 25 Jahren ergriffen einige Eltern, deren Kinder mit Entwicklungsproblemen „oft zwischen allen Stühlen sitzen“, wie es Vereinsvorsitzender Dr. Wolfgang Duschek nennt, die Initiative und gründeten den Verein SeHT. Duscheks Tochter Laura war damals elf Jahre alt, und auch sie hatte das Problem, mit dem Lerntempo der anderen Schritt zu halten. „Sie war oft allein“, erinnert sich Duschek. Deshalb bot der junge Verein nicht nur eine Plattform für den Austausch der betroffenen Eltern untereinander, sondern organisierte Freizeitangebote, bei denen die Kinder plötzlich spürten: „Hier muss ich mich nicht verstellen, die anderen fühlen ähnlich wie ich.“ Mit zunehmendem Alter der Kinder wuchs auch das Aufgabenspektrum des Vereins. „Wir erhielten die Anerkennung als Jugendhilfeträger, und im Jahr 2000 wurde die erste pädagogische Stelle durch die Stadt Münster finanziert.“ Es gab Beratungsangebote zum Übergang von der Schule in den Beruf und seit Jahren Unterstützung beim ambulanten Wohnen.

Davon profitiert auch Laura, die inzwischen 35 Jahre alt ist und im eigenen Appartement lebt – dank der regelmäßigen Besuche einer Sozialpädagogin eines Sozialleistungsträgers.

„Heute erreichen wir mit unseren inklusiven Freizeitangeboten wöchentlich rund 60 Kinder“, erklärt Elisabeth Leifheit. Über Kooperationen mit zehn Schulen werde das Thema Inklusion im Schulalltag selbstverständlich. In der Erich-Kästner-Schule und der Pötterhoekschule beispielsweise profitierten rund 120 Kinder im offenen Ganztag von Förderangeboten sowie Theater- und Kunstprojekten. Dank der Kooperation mit der inklusiven AG Jipa („Jugendliche inklusiv politisch aktiv“) bieten einige Schulen wie das Geschwister-Scholl-Gymnasium in Kinderhaus allen Fünftklässlern die Möglichkeit des Barrierechecks in der Schule: mit Blindenbrille, Rollstühlen und Autismus-Rollenkarten.

„Beim Thema Inklusion sind wir ein großes Stück weiter“, freuen sich Leifheit und Duschek. „Wir können Kinder und Jugendliche mit unseren Freizeit-, Förder- und Beratungsangeboten vom Schuleintritt bis zur Ablösung vom Elternhaus begleiten.“ Die Nachfrage ist groß, denn rund 4,5 Prozent der Kinder eines Jahrgangs, so Leifheit, haben erfahrungsgemäß besonderen Förderbedarf. Der Verein SeHT, der bereits Partner der WN-Weihnachtsspendenaktion war, hofft, dass die Angebote auch in Zukunft finanziell gesichert werden können. Denn, so Duschek: „Rund 20 Prozent unserer Ausgaben müssen wir über Spenden bestreiten.“